Mittwoch, 3. August 2016

Brooklyn99 - Polizei mal anders

Polizeiarbeit ist ideal für eine TV-Serie: man kann jede Woche einen neuen Fall lösen oder auch größere Fälle über mehrere Folgen laufen lassen. Dann braucht man noch Protagonisten die ihre Stärken und Schwächen haben und mit diesen die Fälle lösen und schon ist man mittendrin in der Polizei-Serie. Die Palette reicht dabei von "Navy CIS" (sehr erfolgreiches Procedural) über "The Shield" bis hin zu "The Wire", um nur einige wenige zu nennen.

Aber es gibt auch Serien, die die Polizeiarbeit mit viel Witz erzählen: "Die Nackte Pistole" oder auch "Sledge Hammer" sind Beispiele aus den 80er Jahren, "Angie Tribeca" von Steve Carrel ist dagegen ein aktuelles Beispiel. Seit 2013 läuft "Brooklyn 99" auf Fox, aktuell in der 3. Staffel. Die Idee zur Serie kommt von Dan Goor und Michael Schur, die Macher von "Parks & Recreations" und das merkt man der Serie auch an. Die Charaktere sind skurril und handeln entsprechend, was viel Raum für witzige Situationen schafft.

Da ist zu allererst Detective Jake Peralta. Gespielt wird er von Andy Samberg (bekannt u.a. aus "Saturday Night Live", der hier auch als Produzent fungiert). Jake ist ein Kind in einem ausgewachsenen Körper. Er hat seine Finanzen nicht im Griff (u.a. weil er sich ein Dutzend Massagesessel und ein viel zu teures Auto leistet), der sich nicht wie ein Erwachsener kleiden kann und bei seiner Arbeit ständig Parallelen zu Filmen erkennt, vor allem zu "Stirb Langsam". Selbstredend, dass er dabei McClane ist und seine Gegner Hans Gruber (Stirb Langsam, Teil 1) oder dessen jüngerer Bruder Simon Gruber (Teil 3). Seinem bisherigen Captain war zum Glück alles egal, da dieser sich um nichts und niemanden kümmerte. 

Doch mit der Übernahme von Captain Ray Holt (Andre Braugher) verändert sich die Situation in der Dienststelle 99. Holt ist Jahre lang gegen Ressentiments und Vorurteile angelaufen und hat sich gegen alle Widerstände den Job als Captain erkämpft, denn neben seiner schwarzen Hautfarbe ist es auch seine sexuelle Ausrichtung, die ihm in der New Yorker Polizei bislang eine Karriere versperrte. Der langwierige und kräftezehrende Kampf gegen die Vorurteile in einem machohaften Beruf hat Holt zu einem Eisblock werden lassen. Gefühlsregungen sind ihm fremd, so dass seine Detectives nicht unterscheiden können ob er in glänzender Laune ist oder gerade das schlimmste Wochenende seines Lebens verdauen muss. Die Konflikte zwischen ihm und Jake "kindisch" Peralta sind daher vorprogrammiert.

Jake Peralta (Andy Samberg)
Zwischen den beiden steht Sergeant Terry Jeffords. Er kümmert sich wie eine Mutter um seine Detectives, liebt sie aber auch ebenso. Gespielt wird er durch Terry Crews, der vielleicht nicht der begnadetste Schauspieler ist, aber eine unglaubliche Bildschirmpräsenz hat. Dies liegt nicht nur an seiner beachtlichen Figur (er war früher Linebacker beim American Football) sondern auch an seiner sympatischen Art. Unsterblich machte er sich mit seinem Tanz in dem Film "White Chicks" oder der Auto-Playbackszene im gleichen Film. 

Sergeant Terry Jeffords (Terry Crews) und Detective Charles Boyle (John Lo Truglio)
Als Love-Interest für Peralta fungiert Detective Amy Santiago (Melissa Fumero). Sie ist eine Archetyp-Streberin und steht im internen Wettkampf mit Peralta, der zwar nicht erwachsen werden kann, aber dennoch ein hervorragender Detective ist und der nach Schema-F vorgehenden Amy häufig einen Schritt voraus ist.

Der Beste Freund und Sidekick von Peralta ist Detective Charles Boyle (Joe Lo Truglio). Neben der Polizeiarbeit schreibt er an einem Food-Blog, auf welchem er das Essen in Brooklyn bewertet. So gibt es zum Beispiel ein Ranking von Pizzerien bei der die Konsistenz der Kruste, das Tomaten-Käse Verhältnis, die Stabilität und die Sauce bewertet werden. 

Von Detective Rosa Diaz (Stephanie Beatriz) kann man nicht viel berichten, da Sie private Informationen geheim hält und niemand etwas von Ihr weiß. Gefühle lässt Sie nicht zu, außer es läuft etwas nicht wie von Ihr gewünscht, dann wird sie cholerisch und selbst die Männer bekommen Angst vor Ihr.

Als persönliche Sekretärin von Captain Holt ist Gina Linetti (Chelsea Peretti) als Zivilistin ebenfalls auf dem Revier. Ihr Smartphone inkl. Twitter und ihre Tanzkarriere sind Ihr dabei allerdings wichtiger als die Arbeit. Dennoch kann sie häufig zum richtigen Zeitpunkt etwas wichtiges beisteuern.


ganz links: Rosa Diaz (Stephanie Beatriz), 2.v.l. Captain Ray Holt (Andre Braugher), 4.v.l. Gina Linetti (Chelsea Peretti) 

Pro und Contra

Die Serie weiß durchaus zu unterhalten. Sie hat sympathische Protagonisten, die man gerne bei Ihren Fällen begleitet. Allerdings sind die Figuren nicht so stark wie bei "Parks & Recreations" und auch ihre Geschichten nicht so unterhaltsam.
Höhepunkte sind hingegen u.a. die Halloween-Folgen, bei denen Jack Peralta und Ray Holt miteinander irrsinnige Wetten eingehen. Diese Folgen sind witzig, spannend und halten einige Überraschungen parat. Ebenfalls sehenswert sind die Folgen mit Jack´s Nemesis Doug Judy (Craig Robinson). Ansonsten sind die Fälle häufig unwichtiges Beiwerk für die Gags. Einige Figuren sind auf Dauer recht eintönig (Gina Linetti verspricht anfangs einiges, wird aber auf Dauer langweilig, Rosa Diaz macht irgendwann auch nur noch das, was man von Ihr erwartet), was bei einer Serie, die genau von diesen Figuren und Ihrem Miteinander lebt, ungünstig ist.

Wer sollte der Serie eine Chance geben?
Fans von "Parks & Recreations" können sich die Serie auf jeden Fall mal anschauen. Sie ist vom Humor ähnlich, wenn auch aus meiner Sicht nicht so gut gelungen. Wer Andy Samberg mag, macht bei "Brooklyn99" nichts falsch. Die Serie ist ganz klar auf ihn zugeschnitten und lebt von seiner Performance, die auch sehr stark ist. 



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Hinweis: dieser Artikel erscheint zeitgleich auch im Blog: "Drei Amigos" (http://dreiamigos.blogspot.de/) wo ich als Gastautor ein paar Artikel geschrieben habe.
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Erwähnte Serien im Artikel:

Navy CIS (15 Staffeln, seit 2003) - die Fälle werden mit technischer Überlegenheit gelöst

The Shield (7 Staffeln, 2002-2008) - hart & schnell, Protagonisten sind korrupt und dennoch fiebert man mit ihnen mit

The Wire  (5 Staffeln, 2002-2008) - enorm realistisch, beste Serie ever

Die Nackte Pistole (1 Staffel, 1982) - der Serien-Vorläufer von "Die Nackte Kanone" von 1988

Slegde Hammer (2 Staffeln, 1986-1988) - Chaos-Cop löst alle Probleme mit seiner Magnum namens "Susi"

Parks & Recreations (7 Staffeln, 2009-2015) - schräg & witzig

Saturday Night Live (41 Staffeln, seit 1975!) - eine Institution, etwas in die Jahre gekommen

Angie Tribeca (1 Staffel, seit 2016) - Rashida Jones lässt den Macho raushängen und nimmt CIS und Co. auf die Schippe.


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